Die Augustiner-Chorherren

Aufgaben

Die Augustiner-Chorherren sind keine Mönche, sondern „Regularkanoniker“. Das hat einerseits damit zu tun, dass sie eine Priestergemeinschaft sind, die gegenüber einer Mönchsgemeinschaft mit vielen Laienbrüdern privilegiert war. Zum anderen wird hier die Verwandtschaft der Chorherren mit den Domherren sichtbar. Die korrekte Anrede für die Mitbrüder ist daher auch nicht „Pater“ oder „Bruder“, sondern „Herr“. Die „Stiftsherren“ widmen sich in ihrer primären Aufgabe dem seelsorglichen Dienst nach außen, während ein Mönchskloster versucht, einen mehr oder weniger abgeschlossenen Lebensraum zu bilden.

Chorherrenstifte dienen also zwei Grundgedanken: Die Klöster sollen einerseits spirituelle Zentren sein. Die Tätigkeit der Ordensmitglieder soll sich andererseits nach außen auf verschiedene Formen der Seelsorge erstrecken. Traditionell liegt ein Schwerpunkt in der Pfarrseelsorge: Die Stifte der Österreichischen Augustiner-Chorherren betreuen zusammengerechnet mehr als 120 Pfarrgemeinden! Dazu kommen Schwerpunkte, die einzelnen Häusern eigen sind, wie der Betrieb von Bildungshäusern oder wissenschaftlichen Instituten. Nicht zuletzt sei auch der immense Dienst erwähnt, den die Stifte durch die lebendige Bewahrung ihres reichen kulturellen Erbes für die ganze Gesellschaft leisten.

Papst Benedikt XVI. hat im Rahmen seines Besuches in Österreich im Jahr 2007 eine wohltuende Zusammenfassung unseres Dienstes und gleichzeitig einen Rat an die Menschen formuliert: „Ein Kloster ist vor allem eines: ein Ort der geistlichen Kraft. Wenn man zu einem eurer Klöster hier in Österreich kommt, empfindet man dasselbe, wie wenn man nach einer schweißtreibenden Wanderung in den Alpen sich endlich an einem klaren Quellbach erfrischen kann… Nützt also diese Quellen der Nähe Gottes in eurem Land, schätzt die Ordensgemeinschaften, Klöster und Stifte und nehmt den geistlichen Dienst in Anspruch, den die Gottgeweihten für euch zu leisten bereit sind!“

Wir sind bereit, diesen Dienst zu leisten!

Geschichte

Den Ursprung des Ordens bilden Kleriker, die gemeinschaftlich in Verbindung mit ihrem Bischof lebten. Die Jüngergemeinschaft um Jesus und die urchristlichen Gemeinden waren ihre Vorbilder. Als eine der ersten derartigen Gemeinschaften nennt der hl. Ambrosius jene des hl. Bischofs Eusebius von Vercelli († 371). Bischof Zenon von Verona († 371/372) übernahm in seiner Diözese eine ähnliche Lebensform. Vor allem jedoch erlangte das kanonikale Leben durch den Einfluss des hl. Augustinus seine geregelte Form. Nach einer ersten Erfahrung im monastischen Leben im nord­afrikanischen Thagaste errichtete er, nachdem er im Jahre 395 zum Bischof von Hippo Regius gewählt worden war, in seinem Bischofshaus eine klösterliche Priestergemeinschaft und verpflichtete die Kleriker seiner Bischofskirche zum gemeinschaftlichen Leben ohne Eigenbesitz.

Die Vorstellungen des hl. Augu­stinus begründeten ­weitgehend­ das Ideal des kanonikalen Lebens. Dessen Hauptmerkmale sind gemeinschaftliches Leben mit Verzicht auf Privatbesitz, ehelose Keuschheit, Gehorsam, Pflege der Liturgie und der Seelsorgsdienst. Da durch Augustinus zahlreiche Bischöfe ausgebildet wurden, fand die in Hippo erlernte Lebensweise rasch Verbreitung. Die ersten derartigen Gemeinschaften fielen zwar dem Vandalensturm zum Opfer, jedoch gelang zahlreichen Schülern und Anhängern des hl. Augustinus die Flucht in das südliche Gallien, nach Groß­britannien und Irland, wohin sie ihre Spiritualität trugen. Der bekannteste unter ihnen war ­Julianus Pomerius, der in Arles eine Priestergemeinschaft gründete und gegen Ende des 5. Jh. unter dem Titel „De vita contemplativa“ eine Beschreibung dieser Lebensweise verfasste.

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Gregor der Große († 604) und Cäsarius von Arles († 542) setzten sich ebenfalls für das gemeinschaftliche Leben ihrer Kleriker ein.

Die ersten Regeln, die sich bei den Kanonikern systematisch durchsetzten, stammen aus der Karolingerzeit. Bischof Chrodegang von Metz († 766) verfasste für sein Domkapitel eine Regel, die sich weitgehend auf die Regel des hl. Augustinus bezog.

Die 816 von Kaiser Ludwig dem Frommen († 840) einberufene Aachener Synode führte zu einer genauen Festlegung der Lebensweise der Kanoniker im ganzen Frankenreich. Parallel dazu wurde für die Mönche die Regel des hl. Benedikt vorgeschrieben. Mit der sogenannten „Aachener Regel“ (816) war ein großer Fortschritt erzielt worden, denn sie schloss eine Lücke in der Gestaltung der Lebensweise der Kanoniker und vollzog auch eine klare Trennung zwischen den beiden Ständen des Ordenslebens, dem Stand der Mönche und dem der Kanoniker. Da die Aachener Regel privates Eigentum gestattete, stand sie nicht im Einklang mit den Idealen des hl. Augustinus. Dieser Umstand sollte später der Grund für neue Reformnotwendigkeit werden.

Die Gregorianische Kirchen­reform im 11. und 12. Jahrhundert

Die durch die Widersprüche der Aachener Regel notwendig gewordene Reform der Kanoniker ist Teil der großen kirchlichen Erneuerungsbewegung. Sie umfasste nahezu zwei Jahrhunderte und wird gewöhnlich nach ihrem bedeutendsten Vertreter, Papst Gregor VII. (1073-1085), „Gregorianische Reform“ genannt. Schon unter Papst Leo IX. (1049-1054) nahm die Reform ihren Anfang. Ihr Programm war mehr Disziplin und Bildung für den Klerus, vollständige Unabhängigkeit der Kirche von den weltlichen Mächten und Einigkeit mit dem Papst. Vorrangig war die Reform der Weltgeistlichen, deren Lebensweise im Allgemeinen nicht befriedigend war. Den Päpsten erschien die „Vermönchung“ der Priester und Kanoniker als einzige Alternative, um dem Verfall des Klerus zu begegnen. Mehrere dieser Päpste wie ­Silvester II., Gregor VII. und Urban II. waren aus Ordensgemeinschaften hervorgegangen. Ihnen stand die durch Cluny, Gortze und Hirsau wiedergewonnene Ausstrahlungskraft des Benediktiner­ordens sowie der Aufschwung des „weißen Mönchtums“ (Kamaldulenser, Olivetaner, Kartäuser, Zisterzienser) vor Augen.

Die römische Synode im April 1059 gab dann den endgültigen Anstoß zur Reform der Kanoniker: Man unterschied fortan zwischen den nach der Aachener Regel lebenden Säkularkanonikern und den Regularkanonikern, die die neuen päpstlichen Weisungen in Bezug auf das gemeinschaftliche Leben und die persönliche Armut befolgten.

Gegen Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jh. übernahmen die Regularkanoniker auf Weisung der Päpste die Regel des hl. ­Augustinus. Die Reform des Chorherrenordens hatte beträchtliche Auswirkungen. Im Süden Europas handelte es sich dabei meist um die Reform bestehender kanonikaler Institute, während es im Norden des Kontinents vor allem zu zahlreichen Neugründungen von Chorherrenstiften kam.

Reformen und Neugründungen

Zahlreiche Dom- und Stiftskapitel nahmen ihre ursprüngliche Lebensweise wieder an und kehrten zum „vollkommenen Leben in Gemeinschaft“ zurück. Hierzu zählten unter anderem in Italien die Domkapitel von S. Giovanni im Lateran in Rom und von Perugia; in Österreich diejenigen von Salzburg und Gurk; in Frankreich die von Toulouse, Avignon und Arles; in Spanien die von Saragossa und Toledo.

Unter den Reformern ist Erz­bischof Konrad I. von Salzburg († 1147) besonders zu würdigen. Er förderte die Erneuerung und Gründung zahlreicher Chorherrenstifte in seiner Diözese, die den Salzburger Reformkreis bildeten. Dem Domkapitel schrieb Konrad die Augustinusregel vor. Auch die Domherren der späteren Salzburger Eigen­bistümer (Gurk, Seckau, Chiemsee und Lavant) lebten als Augustiner­-Chorherren. Durch diese Entwicklung verfügte der Bischof über einen hochqualifizierten Klerus für den Seelsorgsdienst in den Pfarren.

Die Neugründungen des 12. Jh. sind sehr zahlreich und belaufen sich in Europa und im Nahen Osten auf annähernd 2000 Klöster. Die älteste der Chorherren-Kongregationen ist die von St. Victor in Paris (1113). Ihr Stifter Wilhelm von Champeaux, Domherr von Notre-Dame in Paris und Leiter der Domschule, machte diese Abtei zu einem großen akademischen Bildungszentrum.

Zu ihren berühmten Professoren zählte Hugo von Sankt Victor († 1148), der erste der großen Theologen der Kongregation. Sein Werk „Die Sakramente des christlichen Glaubens“ ist die bedeutendste Zusammenschau theologischer Meinungen vor dem Erscheinen der „Summa theologica“ des Petrus Lombardus und der des hl. Thomas von Aquin.

In den deutschsprachigen Ländern gründete als erster Bischof Altmann († 1091) das Chorherrenstift St. Nikola bei Passau (1067), weitere Förderer des Ordens waren Bischof Adalbero von Würzburg († 1090) und der schon erwähnte Erzbischof Konrad von Salzburg.

Die Konstitutionen der Abtei Marbach (Elsass), verfasst von Manegold von Lautenbach, und diejenigen des Klosters Rottenbuch (Oberbayern), das maßgeblich durch die Gestalt Gerhochs von Reichersberg geprägt war, gewannen eine europaweite Ausstrahlung.

In Italien entstanden die Chorherrengemeinschaften vom Heiligsten Erlöser (Lateran), vom hl. Frigdian in Lucca, von Santa Maria und San Marco in Venedig.

In manchen Teilen Europas waren die Gründungen des Chorherrenordens zahlreicher als die der Mönche.

In Prémontré (Frankreich) entstand der einzige Orden der Augustiner-Chorherren mit einer zentralistischen Struktur und einem klar zu bennenden Gründer, dem hl. Norbert von Xanten († 1134): die Prämonstratenser.

Zu erwähnen sind auch die Gründungen von Hospitalorden. Diese sind das Hospiz am Mont Joux (Großer St. Bernhard, 1125), das Spital von Roncesvalles in den Pyrenäen an der Straße nach Santiago de Compostela (1131), der Orden des hl. Jakob vom Schwert in Galicien (Spanien) und der Orden vom hl. Grab in Palästina.

In England schließlich gründete der hl. Gilbert, Chorherr in Lincoln, die Kongregation der Gilbertiner, die nicht nur Augustiner-Chorherren umfasste, sondern auch einen die Regel des hl. Benedikt befolgenden weiblichen Zweig und ebenso dienende Laienbrüder, entsprechend den Statuten der Zisterzienser.

Entwicklung vom 13. bis ins 19. Jahrhundert

Im 13. Jh. verlor die Gregorianische Reform bereits an Kraft. In manchen Gemeinschaften traten Anzeichen des Verfalls auf. Das Fehlen einer zentralen Leitung bei den Regularkanonikern des hl. Augustinus trug dazu bei.

Die Bemühungen des Papstes Innozenz III. beim IV. Laterankonzil im Jahre 1215, den Regularkanonikern die Abhaltung von Generalkapiteln vorzuschreiben, blieben erfolglos. Die Anziehungs­kraft der neuen Bettel­orden überstrahlte die der Augustiner-Chorherren.

So trat der Portugiese Fernando Martinus, Chorherr in Coim­bra, zu den Franziskanern über und wurde unter dem Namen Antonius von Padua einer der beliebtesten Heiligen. Gleichwohl entstanden einige neue Kongregationen: zum Hl. Kreuz (1210), Obersteigen bei Trier (1220), Antoniter (1272), Kreuzherren vom roten Stern in Prag (1233).

Das 14. Jh. war von großen Reformversuchen gekennzeichnet. Die Reform von Indersdorf (Oberbayern) blieb jedoch toter Buchstabe, und auch die Bulle Papst Benedikts XII. aus dem Jahr 1339 zeigte keine Wirkung. Diese sah für die Augustiner-Chorherren die Schaffung von Provinzen und Provinzkapiteln vor.

Der Prager Bischof Johannes von Draschitz gründete 1333 das Chorherrenstift Raudnitz an der Elbe. Es sollte sich besonders der Wissenschaft und der Literaturpflege widmen. Dieses wurde zum Ausgangspunkt zahlreicher Neugründungen in ganz Böhmen, Mähren und Schlesien und darüber hinaus auch in Österreich und Ungarn. Die Raudnitzer Konstitutionen wurden in der Folge von fast allen österreichischen und süddeutschen Chorherrenstiften übernommen.

Die Windesheimer Kongregation, deren Gründung 1386 von dem niederländischen Mystiker Gerhard Groote ausging, hatte ebenfalls große Ausstrahlung in viele Länder.

Im 15. Jh. entstand eine neu­artige Chorherren-Kongregation. Diese gab die Selbstständigkeit der einzelnen Klöster auf und wählte die Oberen nur auf bestimmte Zeit. Sie wurde um das Jahr 1401 in Fregionaia bei Lucca gegründet und zählte 1421 bereits sechs Niederlassungen. 1445 nahm sie, nach Rom gerufen, um das dortige Domkapitel abzulösen, den Namen „Lateranensische Chorherren-Kongregation“ an. Nach der Vertreibung von dort vertraute ihr der Papst die beiden Klöster S. Pietro in Vincoli und S. Agnese fuori le Mure an.  Sie reformierte ungefähr siebzig Chorherrenklöster.

In Portugal schlossen sich etwa zehn Ordenshäuser zur Kongregation vom Heiligen Kreuz von Coimbra zusammen.

Aber solch vereinzelter Aufschwung konnte den allmählichen allgemeinen Verfall nicht verhindern. Zweifellos wurde dieser durch die Unruhen der Reformationszeit begünstigt. In den protestantisch gewordenen Ländern gingen alle Chorherren­klöster unter.

Im 17. Jh. nahm der Chorherrenorden in den katholisch gebliebenen Ländern einen ­neuen Aufschwung. In Frankreich erwachte eine neue Spiritualität, die zur Gründung neuer Kongregationen führte. In Süddeutschland, Österreich und Böhmen wuchsen die Konvente stark an. Die Folge war eine intensive Bautätigkeit. Die barocken Kirchen und Klöster prägen noch heute das Bild dieser Landschaften. In sämtlichen Zweigen der Künste und Wissenschaften vollbrachten Augustiner-Chorherren besondere Leistungen.

Ein jähes Ende dieser Blütezeit brachten die Maßnahmen Kaiser Josephs II. (1780-1790). Er hob zahlreiche Klöster in seinen Ländern auf.

Den verbliebenen Häusern wurden große Lasten aufgebürdet, sie mussten eine große Anzahl Pfarren gründen und besetzen, was die klösterlichen Konvente entvölkerte. Noch schlimmer erging es den Klöstern in Deutschland: Durch die Säkularisation 1803 wurden dort sämtliche Klöster aufgelöst.

Im 19. Jh. erlebte die Familie der Augustiner-Chorherren ein bescheidenes Wiederaufblühen. In Österreich bestanden die Stifte St. Florian, Herzogenburg, Klosterneuburg, Neustift, Reichersberg und Vorau und sie blieben trotz mancher Widrigkeiten große religiöse und kulturelle Zentren. Diese Stifte schlossen sich 1907 zur Österreichischen Chorherren-Kongregation zusammen.

In Italien überstand nur die Lateranensische Kongregation die kirchenfeindlichen Maßnahmen des Staates. In der Schweiz gilt das Gleiche für die Kongregation vom Großen St. Bernhard und die Chorherren von Saint Maurice. In Frankreich gründete Dom Adrian Gréa im Jahre 1866 die Kongregation von der unbefleckten Empfängnis in Saint-Claude.

Struktur

In der römisch-katholischen Kirche haben sich im Lauf der Zeit verschiedenste Orden ausgebildet. Sie unterscheiden sich in ihrer Geschichte und in ihren Aufgaben sehr stark. Gleichzeitig sind sie auch in ihren Strukturen sehr verschieden: Es gibt Orden, deren Struktur man wie eine Pyramide denken kann, wie z.B. die Jesuiten: Hier kann ein Generaloberer mit Hilfe seines Rates regieren und Entscheidungen treffen, die für alle Ordensmitglieder bindend sind. Die Augustiner-Chorherren sind geradezu gegenteilig strukturiert: Die Klöster sind „eigenen Rechtes“ – das heißt, jedes einzelne Haus bildet für sich eine rechtliche Einheit, in welcher der von der Gemeinschaft gewählte Propst der sogenannte „Höhere Obere“ ist. Für die Chorherrenstifte kommt noch dazu, dass sie „exemt“ sind, das heißt: Sie sind in ihrem Eigenleben vom jeweiligen Bischof, auf dessen Diözese sie sich befinden, unabhängig.

Die Österreichische Augustiner-Chorherren-Kongregation ist also ein Zusammenschluss von sechs selbständigen Stiften. Sie wurde im Jahr 1907 gegründet. Wozu aber dient diese Institution?

Erstens stehen alle Chorherrenstifte vor ähnlichen Fragestellungen: Was bringt die Zukunft? Wie begegnen wir den Herausforderungen? Welche spirituellen Impulse können wir empfangen? Was hat uns unser Ordensvater Augustinus heute zu sagen? Wie können wir unsere Arbeitsfelder zeitgemäß bestellen? Für diese Fragen gibt es Veranstaltungen wie den jährlichen Chorherrentag im Frühjahr oder auch die Studientage jeweils im Herbst. Im Austausch und im Lernen voneinander können wichtige Impulse liegen! Bereits unsere jüngsten Mitglieder erleben das, wenn sich alle „Junioren“ – also alle noch in der Ausbildung Stehenden – einmal im Jahr zum „Junioratstreffen“ zusammenfinden. Um all das zu koordinieren, braucht es führende Personen, die Kontakt und Austausch im Auge haben und in die Wege leiten – dazu gibt es an der Spitze der Kongregation den Generalabt und den Generalsekretär.

Zweitens ist es gut – in unserer modernen medialen Welt mehr denn je – auch mit einer Stimme sprechen zu können, durch die der Orden repräsentiert wird. Auch das ist eine Aufgabe des Generalabtes: Er muss gegenüber der kirchlichen und zivilen Öffentlichkeit im Bedarfsfall unsere Interessen vertreten, sofern dies nicht die Pröpste der einzelnen Stifte selbst tun können. Alle fünf Jahre tagt das Generalkapitel, das der Willensbildung und der Beschlussfassung zu Themen dient, die alle Häuser der Kongregation betreffen.

Drittens fordert das Kirchenrecht für jedes Kloster eine Kontrollinstanz, die sogenannte Visitation, welche zumeist alle fünf Jahre stattfindet. Diese Visitation kann je nach Struktur des Ordens z.B. ein Provinzoberer oder ein Generaloberer durchführen, vielfach auch der Diözesanbischof. Um trotz Selbständigkeit und Exemtion jedes Chorherrenstiftes diese Kontrolle zu gewährleisten, übt der Generalabt das sogenannte Visitationsrecht aus. Er prüft jedes Kloster auf seine spirituellen, personellen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Das Kloster, in dem der Generalabt selbst Propst ist, wird vom Konvisitator visitiert.

Grundlage für die Zusammenarbeit der Stifte in der Kongregation sind die „Konstitutionen der österreichischen Augustiner-Chorherren-Kongregation“, die in der geltenden Fassung im Jahr 1993 in Kraft getreten sind und zum letzten Mal 2018 modifiziert wurden.

Generalabt ist seit 2024 Propst Eduard Fischnaller vom Stift Neustift

Konvisitator ist seit 2024 Propst Markus Grasl vom Stift Reichersberg

Generalsekretär der Kongregation ist seit 2024 H. Stephanus Rützler vom Stift Herzogenburg

Über die Kongregation der Österreichischen Augustiner-Chorherren hinaus gibt es die weltweite Konförderation der Augustiner-Chorherren. Ihr gehören derzeit neun verschiedene Kongregationen an:

An der Spitze der Konföderation steht seit ihrer Gründung im Jahr 1959 der Abt-Primas. Er wird nach einem mehr oder weniger strengen Rotationsprinzip immer auf eine Dauer von sechs Jahren gewählt. Seine Hauptaufgabe besteht in der Vertretung der Interessen des Ordens an den zentralen Stellen in Rom sowie in der Organisation und Einberufung des Chorherrenkongresses alle drei Jahre. Dazwischen tagen die Vorsitzenden und Delegierten der einzelnen Kongregationen im sogenannten Primatialrat, welcher jährlich stattfindet.

Stifte heute

© Stift St. Florian

Stift St. Florian

Das Kloster liegt in Oberösterreich, in der Diözese Linz. Die Ordensmitglieder betreuen 33 Pfarrgemeinden, dazu wird das weltberühmte Sängerknabeninstitut geführt und ein Gästehaus betrieben. Die Gründung erfolgte 1071 durch Bischof Altmann von Passau; 1941 wurden die Chorherren von den Nationalsozialisten vertrieben; 1945 kehrte die Klostergemeinschaft in ihr Stift zurück. St. Florian ist heute weithin berühmt: Der mächtige barocke Gebäudekomplex, die reichen Kunstsammlungen, die lebendige Musiktradition der Sängerknaben und das Andenken an Anton Bruckner tragen maßgeblich dazu bei.

© Stift Herzogenburg

Stift Herzogenburg

Das Kloster liegt in Niederösterreich, in der Diözese St. Pölten. Die Seelsorge in 14 Pfarrgemeinden bildet die Hauptaufgabe der Mitbrüder. Darüber hinaus konnte sich das Stift in unmittelbarer Nähe zur Landeshauptstadt St. Pölten als geistliches Zentrum etablieren. Gegründet wurde es 1112 durch Bischof Ulrich von Passau; seither kann es eine ununterbrochene klösterliche Tradition aufweisen, was angesichts der Wirren der Zeiten eine Besonderheit unter den Klöstern darstellt. Das Stift Herzogenburg ist durch seine vielfältigen Kulturellen Aktivitäten und das große Kinderfest im Sommer besonders bekannt.

© Michael Zechany

Stift Klosterneuburg

Das Kloster liegt in Niederösterreich in unmittelbarer Nähe zu Wien, in der Erzdiözese Wien. Durch die Chorherren werden 28 Pfarren betreut. Das Andenken an den Liturgiereformer Pius Parsch gehört ebenso zu den Anliegen des Stiftes wie die zeitgemäße Erinnerung daran, in der Barockzeit als „österreichischer Escorial“ des österreichischen Kaiserhauses geplant und teilweise errichtet worden zu sein. Das österreichweit bekannte Weingut trägt ebenso zur Bekanntheit des Klosters bei wie der einzigartige Kunstbesitz, als dessen Spitzenwerk wohl der Verduner Altar zu nennen ist.

© Anton Höslinger

Stift Neustift

Dieses Kloster liegt in Südtirol, in der Diözese Bozen-Brixen. Trotz der politischen Verwerfungen der vergangenen Jahrzehnte ist dieses Kloster auch heute Teil der österreichischen Chorherren-Kongregation. Die Mitbrüder betreuen 23 Pfarren, dazu wird durch das Kloster ein Bildungshaus und ein Internat betrieben. Die Gründung erfolgte im Jahr 1142 durch den seligen Bischof Hartmann von Brixen auf Stiftung von Reginbert und Christina von Säben. Im Jahr 1807 wurde das Kloster aufgehoben, 1816 wiedererrichtet. Kloster Neustift ist in Südtirol weithin bekannt durch seine seelsorgliche Tätigkeit und durch das Weingut.

© Stift Reichersberg

Stift Reichersberg

Das Kloster liegt in Oberösterreich, in der Diözese Linz. Den Mitbrüdern obliegt die Betreuung von 17 Pfarrgemeinden, von denen ein Teil in Niederösterreich, südlich von Wiener Neustadt, liegt. Über diese Aufgabe hinaus werden im Stift ein Bildungshaus und ein Veranstaltungszentrum geführt. Das Kloster wurde im Jahr 1084 durch den Edlen Wernher von Reichersberg gegründet und kann seither, wie das Stift Herzogenburg, eine ununterbrochene Klostertradition aufweisen. Durch seine Lage und seinen guten Ruf als spirituelles Zentrum kommt dem Stift im oberösterreichischen Innviertel eine besondere öffentliche Position zu.

© Reinhold Ogris

Stift Vorau

Dieses Stift liegt in der Steiermark, Diözese Graz-Seckau. Die Mitbrüder des Hauses betreuen 11 Pfarrgemeinden im unmittelbaren Gebiet um das Stift herum. Die Gründung wurde 1163 durch Markgraf Otakar III. vorgenommen; 1940 wurde das Stift beschlagnahmt, 1945 wiedererrichtet. Die zentrale Lage im steirischen Joglland macht das Kloster mit seinem mächtigen Gebäudekomplex zu einem optischen und spirituellen Mittelpunkt der Region.

Ehemalige Stifte

Die Kongregation der österreichischen Augustiner-Chorherren umfasst heute sechs Klöster. Auf dem heutigen österreichischen Bundesgebiet gab es aber im Lauf der Zeit viele weitere Chorherrenstifte. Sie wurden entweder von anderen Orden übernommen oder im Zuge der Reformation oder des Josephinismus ganz aufgelöst. Die ehemaligen Stiftskirchen dienen heute häufig als Pfarr- oder Klosterkirchen und beherbergen trotz der Aufhebung des Klosters lebendiges kirchliches Leben.

Die heute nicht mehr existenten Chorherrenstifte in Österreich und Südtirol sind:

Au-Gries (um 1163/66 bis 1807; heute Benediktinerkloster)
Dürnstein (1410 bis 1788)
Eberndorf (1154 bis 1604)
Friesach (1464 bis 1513)
Göttweig (1083 bis 1094; heute Benediktinerkloster)
Gurk (1123 bis 1787; heute Domkirche)
Pöllau (1504 bis 1785)
Ranshofen (1125 bis 1810)
Rottenmann (1455 bis 1785)
Salzburg (1122 bis 1514)
St. Andrä im Lavanttal (um 1223/25 bis 1808)
St. Andrä an der Traisen (1160 bis 1783)
St. Michael an der Etsch (144/45 bis 1807)
St. Pölten (um 1083 bis 1784; heute Domkirche)
Schrattenthal /1476 bis um 1527)
Seckau (1140 bis 1782)
Seitenstetten (1109 bis 1111; heute Benediktinerkloster)
Stainz (um 1229 bis 1785)
Suben (1142 bis 1784)
Waldhausen im Strudengau (1147 bis 1792)
Wien – St. Dorothea (1414 bis 1786)
Wiener Neustadt (1459 bis 1529)
Zell am See (um 1121/29 bis 1216)

Zur Geschichte der ehemaligen Augustiner-Chorherrenklöster in Österreich empfehlen wir das Buch „Die Ehemaligen Stifte der Augustiner-Chorherren in Österreich und Südtirol“, herausgegeben von DDr. Floridus Röhrig 2005.

© weinfranz.at
© Stift Vorau

Dieses und weitere Druckwerke zu den Stiften der Augustiner-Chorherren sind im Klosterladen des Stiftes Herzogenburg (klosterladen@stift-herzogenburg.at) erhältlich:

Augustiner-Chorfrauen

Obwohl nicht der Österreichischen Kongregation der Augustiner-Chorherren zugehörig, fühlen wir uns auch den geistlichen Schwestern, die nach der Regel des Hl. Augustinus und in der Tradition der Augustiner-Chorherren leben, verbunden.

Die Gemeinschaft wurde von der sel. Alix Le Clerc und dem hl. Pierre Fourier – einem Augustiner-Chorherren – 1597 in Mattaincourt/Lothringen
gegründet, um sich der Erziehung und Ausbildung von Mädchen zu widmen.

In der Folgezeit entfaltete sich ihr umfangreiches Wirken vor allem auf französischem Gebiet. 1767 wurden Chorfrauen nach Rastatt/Baden berufen.

Nach der staatlichen Aufhebung des Klosters im Kulturkampf 1877 übersiedelten die Schwestern nach Salzburg. Dort überließ ihnen Abt Romuald Horner von St. Peter den klösterlichen Sommersitz Schloss Goldenstein.

Die Chorfrauen errichteten ein Mädcheninstitut, das durch die Nationalsozialisten aufgehoben, 1945 aber wieder eröffnet und schließlich 1947 als private Mädchen-Hauptschule weitergeführt wurde.

Die Zahl der Augustiner-Chorfrauen des Klosters Goldenstein sank im Lauf der Jahre stark ab, sodass zuletzt ein geregeltes klösterliches Leben nicht mehr angemessen geführt werden konnte.

Im Jahr 2022 wurde Propst Markus Grasl vom Stift Reichersberg zum Apostolischen Kommissar ernannt. Vor Weihnachten 2023 endete das klösterliche Leben vor Ort: Die drei noch verbliebenen betagten Chorfrauen übersiedelten in für sie geeignete Einrichtungen.

Klöster der Augustiner-Chorfrauen gibt es weiterhin in Deutschland, Ungarn und der Slowakei.

Die renommierte Privatschule in Goldenstein bei Salzburg wird nach wie vor als katholische private Mittelschule geführt und seit 2017 auch von Buben besucht. Die Trägerschaft obliegt nunmehr der Erzdiözese Salzburg und dem Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg.