Das Chinesische Kabinett im Kloster Neustift ist restauriert. Prälat Eduard Fischnaller, Stiftsverwalter Fabian Schenk, Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, Landeskonservatorin Karin Dalla Torre, der Präsident der Stiftung Südtiroler Sparkasse Konrad Bergmeister sowie der Kurator des Stiftsmuseums Hanns-Paul Ties stellten die aufwendigen Restaurierungsarbeiten vor. Dank der Unterstützung des Denkmalamts und der Stiftung Südtiroler Sparkasse waren die Arbeiten möglich.
„Wir feiern heuer 880 Jahre Kloster Neustift. Die Entdeckung und nun die Fertigstellung der Restaurierungsarbeiten des Chinesischen Kabinetts sind für das Stift ein besonderes Geschenk“, betonte eingangs Prälat Eduard Fischnaller. Im Jahr 2020 wurden bei der Befundung eines Nebenraums des Neustifter Bibliothekssaals Spuren von Wandmalereien aus der Zeit des Rokoko um 1775/80 entdeckt. In Absprache mit dem Landesdenkmalamt wurde Anfang 2021 die Freilegung und Restaurierung der Malereien beschlossen, der Auftrag erging an den Restaurator Hubert Mayr. „Für die Freilegung und Restaurierung waren rund 3.500 Arbeitsstunden nötig und es war teilweise ein Team von sechs Restauratoren an der Arbeit“, betonte Stiftsverwalter Fabian Schenk. Die Freilegung dauerte von Januar bis Ende April. Die Restaurierung der Wandmalereien war Ende 2021 abgeschlossen. Im Sommer 2022 folgte dann die letzte Phase – die Restaurierung des Bodens.
„Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dieses wertvolle Kunstdenkmal zu erhalten“, betonte die für Denkmalschutz zuständige Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer bei der Vorstellung des Kabinetts und lobte die Weltoffenheit und den Mut der Chorherren, Bilder des Fernen Ostens ins Stift zu holen. Stiftungspräsident Konrad Bergmeister hob die Lebensfreude hervor, die dieser Raum ausstrahlt, ebenso wie die Symbolkraft in Richtung „Toleranz für die unterschiedlichen Kulturen“. Landeskonservatorin Karin Dalla Torre würdigte die Restaurierung aus denkmalfachlicher Sicht und zeigte sich sehr erfreut darüber, dass das Chinesische Kabinett im Rahmen des Museumsbesuchs für die Öffentlichkeit zugänglich ist. „Angesichts der Bedeutung der neuentdeckten Wandmalereien war es uns wichtig, auch eine kunsttechnologische Untersuchung zur Bestimmung der verwendeten Pigmente durchführen zu lassen“, so Dalla Torre.
Museumskurator Hanns-Paul Ties, der die Restaurierung kunsthistorisch begleitet hat, stellte die Neuentdeckung im Detail vor. Wie der Kurator erklärte, handelt es sich bei den Wandmalereien um ein faszinierendes Zeugnis der für die europäische Kultur des Barock und Rokoko charakteristischen Asien- und China-Begeisterung, die in zahlreichen weltlichen, aber auch geistlichen Residenzen derartige „chinoise“ Raumausstattungen entstehen ließ. „Die Wandbilder zeigen chinesisch inspirierte Alltagsszenen, von denen jene an der Ost- und Westwand die vier Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser symbolisieren“, so Ties. Dazu kommen Medaillons mit exotischen Vögeln und anderen Tieren. Genährt durch die Schilderungen der Missionare sowie durch teils erfundene Reiseberichte, etablierte sich in Europa in der Frühen Neuzeit das Bild von China als eine Art irdisches Paradies, als eine „idyllisch verklärte, vorbildhafte Welt“.
Ties erläuterte bei der Vorstellung, dass sich die unmittelbaren Vorbilder der Neustifter Raumausmalung in der Innsbrucker Hofkunst von Kaiserin Maria Theresia finden. Als Mitglied des Tiroler Landtags hielt sich der Auftraggeber der Wandbilder, der Neustifter Prälat Leopold von Zanna, immer wieder in Innsbruck auf. Laut dem Museumskurator ist es „zu vermuten, dass Zanna die in Innsbruck vorhandenen „chinoisen“ Raumausstattungen kannte und dass er den zuvor in der Innsbrucker Hofburg tätigen, namentlich nicht bekannten Maler für einen analogen Auftrag nach Neustift holte“. Die ursprüngliche Funktion des Kabinetts war wohl die eines repräsentativen Empfangs- und Festraums.